Die EU hat beschlossen, die Überprüfung der CO₂-Emissionen von Neuwagen nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle drei Jahre vorzunehmen. Die Entscheidung sorgt bei Umweltverbänden für heftige Kritik. Sie sehen darin eine Gefahr für Europas Klimaziele – und für die Zukunft der europäischen Automobilindustrie.
Neue Regelung: Drei Jahre statt jedes Jahr
Das Europäische Parlament hat in Straßburg beschlossen, die Emissionsprüfung auf einen Zeitraum von drei Jahren auszudehnen. Zuvor wurden die CO₂-Flottenwerte der Autobauer jährlich kontrolliert. Ab sofort dürfen Unternehmen die erlaubten Grenzwerte auch rückwirkend ausgleichen – zum Beispiel dann, wenn sie im Jahr 2025 zu viele Emissionen ausstoßen, aber dies bis 2027 ausgleichen.
Diese Änderung bedeutet konkret: Autobauer, die in einem Jahr die CO₂-Ziele verfehlen, müssen keine direkten Konsequenzen fürchten. Zudem können sie sogenannte Emissionspools bilden. Dabei tun sich schwächere Unternehmen mit jenen zusammen, die ihre Ziele übertreffen. So lassen sich Strafzahlungen vermeiden.
Entlastung für Autobauer – aber zu welchem Preis?
Die Autohersteller atmen auf. Sie erhalten mehr Zeit, um ihre Fahrzeugflotten umzustellen und Investitionen anzupassen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, dies sei ein Signal zur Unterstützung der Industrie.
Doch viele Experten sehen darin eine gefährliche Entwicklung. Denn die seit Anfang 2025 geltenden strengeren CO₂-Grenzwerte verlangen, dass Neuwagen im Schnitt 15 Prozent weniger ausstoßen als im Jahr 2021. Einige Hersteller tun sich damit schwer. Zwar konnte man bisher durch den Verkauf von Elektroautos und technischen Verbesserungen die Vorgaben einhalten. Doch der Absatz von emissionsarmen Fahrzeugen ist weiterhin schwankend.
Umweltverbände schlagen Alarm: „Ein Geschenk an die Autoindustrie“
Organisationen wie Transport & Environment (T&E) kritisieren die neue Regelung als „unnötiges Geschenk“ an die Branche. T&E warnt: Gerade jetzt, wo E-Autos in Europa an Fahrt aufnehmen, würde der Wandel zur Elektromobilität unnötig verzögert. Auch Investitionen in grüne Technologien könnten dadurch ausgebremst werden.
Laut T&E droht Europa den Anschluss an Länder wie China oder die USA zu verlieren. Dort werde weiterhin stark in E-Mobilität investiert, während die EU zurückrudere.
Auch der International Council on Clean Transportation (ICCT) äußert sich besorgt. Peter Mock, Europadirektor des ICCT, bezeichnet die Entscheidung als Rückschritt für Europas Klimastrategie. „Erschwingliche E-Autos könnten dadurch später auf den Markt kommen“, warnt Mock. Das schade nicht nur der Umwelt, sondern auch der Wettbewerbsfähigkeit Europas.
Zwischen Klimaschutz und Industrieinteressen: Die Debatte spitzt sich zu
Die EU versucht, zwischen wirtschaftlicher Realität und Klimazielen zu balancieren. Doch der Streit um die CO₂-Grenzwerte zeigt, wie schwer dieser Spagat ist. Kritiker werfen der Politik vor, vor der Autoindustrie einzuknicken – und die eigenen Klimaziele aus den Augen zu verlieren.
Auf der anderen Seite stehen die Autobauer, die sich mit schwankenden Verkaufszahlen und hohen Investitionskosten konfrontiert sehen. Die neuen Regeln geben ihnen zwar mehr Planungssicherheit, doch die Frage bleibt: Wird diese „Atempause“ für echte Innovationen genutzt oder führt sie zu Stillstand?
Folgen für Europas Führungsrolle beim Klimaschutz?
Langfristig könnte die Entscheidung der EU weitreichende Folgen haben. Europas Position als Vorreiter im Klimaschutz steht auf dem Spiel. Wenn E-Autos verzögert auf den Markt kommen und Investitionen ausbleiben, drohen nicht nur ökologische Rückschritte – sondern auch wirtschaftliche Nachteile im globalen Wettbewerb.