Im Interview mit der Frankfurter Rundschau äußert sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, zur aktuellen Lage des Ukraine-Kriegs. Die FDP-Politikerin zweifelt an den jüngsten Ankündigungen Russlands zu Friedensverhandlungen und warnt vor den langfristigen Auswirkungen eines möglichen russischen Sieges. Sie betont, dass ein sofortiger Frieden nur möglich sei, wenn Putin seine Angriffe beendet und die Ukraine dauerhaft unterstützt wird.
Odessa: Ein Zeugnis der russischen Aggression
Marie-Agnes Strack-Zimmermann schildert ihre Eindrücke aus Odessa, einer Stadt, die trotz der ständigen Angriffe durch Russland weiterhin standhaft bleibt. „Odessa ist eine beeindruckende Stadt, die seit Monaten fortwährend angegriffen wird“, erklärt sie. Besonders der Hafen von Odessa sei regelmäßig Ziel russischer Raketenangriffe und Drohnenangriffe. „Putin versucht, die Bevölkerung zu zermürben und aus dem Land zu vertreiben, da ein entvölkertes Land sich schlechter zur Wehr setzen kann“, sagt Strack-Zimmermann.
Zwei entscheidende Schritte für den Frieden
Für Strack-Zimmermann ist Frieden in der Ukraine „sofort möglich“, wenn Putin seine Angriffe beendet und seine Truppen abzieht. „Die Ukraine verteidigt ihr Land weiterhin, aber der Wunsch nach Frieden ist groß“, so die Politikerin. Sie nennt zwei entscheidende Faktoren, um den Konflikt zu beenden:
- Langfristige Unterstützung durch den Westen:
Die Ukraine benötigt kontinuierliche Unterstützung von westlichen Ländern, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. „Die USA und Europa müssen weiter hinter der Ukraine stehen“, fordert Strack-Zimmermann. Besonders in der aktuellen Lage sei diese Unterstützung von entscheidender Bedeutung. - Sicherheitsgarantien und ein nachhaltiger Frieden:
Ein zukünftiger Angriff Russlands müsse verhindert werden. Strack-Zimmermann betont, dass dies nur durch Sicherheitsgarantien und die Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union und der NATO realisierbar sei. „Sicherheit entsteht auch durch die EU-Mitgliedschaft der Ukraine und perspektivisch durch die NATO-Mitgliedschaft“, erklärt sie.
Verhandlungen unter Trump: Ein erfolgloses Unterfangen?
Im Hinblick auf die aktuellen Friedensverhandlungen, an denen unter anderem Donald Trump beteiligt ist, äußert sich Strack-Zimmermann skeptisch. „Die Annahme, die russische Führung lasse sich einfach von den USA überzeugen, ist naiv“, sagt sie. Sie warnt, dass Putin vor allem an der Expansion Russlands interessiert sei und Friedensgespräche lediglich dazu dienen könnten, Zeit zu gewinnen. „Putin will das russische Territorium ausweiten und nutzt Gespräche als Mittel, um sich zu positionieren“, so Strack-Zimmermann weiter.
Warum Deutschland nicht vermitteln kann
Auf die Frage, warum Deutschland nicht die Rolle des Vermittlers zwischen Russland und der Ukraine übernimmt, erklärt Strack-Zimmermann: „Putin wird alles tun, um nicht mit den Europäern an einem Tisch zu sitzen. Er will ausschließlich auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten wahrgenommen werden.“ Zudem verbreite Russland das Narrativ, Deutschland wolle 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg erneut einen Krieg gegen Russland führen. „Diese Erzählung wird in Russland gezielt propagiert und findet auch unter der Bevölkerung Resonanz“, erklärt Strack-Zimmermann.
Putins langfristige Ziele: Wiederherstellung des Großrussischen Reiches
Abschließend erklärt die FDP-Politikerin, dass Putin langfristig das Ziel habe, das Großrussische Reich wiederherzustellen. Bereits vor 20 Jahren bezeichnete Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als die „größte geopolitische Katastrophe“. Strack-Zimmermann warnt, dass ein Erfolg Russlands in der Ukraine nur der Anfang wäre. „Wenn Putin es schafft, Grenzen in Europa nach seinem Willen zu verschieben, ist der nächste Angriff nur eine Frage der Zeit“, so Strack-Zimmermann. Sie befürchtet, dass Putin nicht nur nach der Ukraine, sondern auch nach anderen osteuropäischen Ländern wie Moldawien, Georgien und dem Baltikum greifen könnte.
Für Strack-Zimmermann sind Friedensgespräche nur dann erfolgreich, wenn Putin ernsthaft an einem dauerhaften Frieden interessiert ist – was sie aktuell bezweifelt. Ein echter Frieden könne nur durch eine klare, konsequente Haltung des Westens und durch Sicherheitsgarantien für die Ukraine erreicht werden. Die FDP-Politikerin fordert eine stärkere Unterstützung der Ukraine und warnt vor den langfristigen geopolitischen Folgen, wenn Putin weiterhin ungehindert agieren kann.