In Kenia haben Forscher eine überraschende Entdeckung gemacht: Glanzstare, auch bekannt als Superb Starlings, helfen sich beim Brüten – sogar dann, wenn sie nicht miteinander verwandt sind. Eine 20-jährige Langzeitstudie mit mehr als 1.100 Vögeln zeigt, dass diese Tiere stabile soziale Beziehungen aufbauen. Sie unterstützen gezielt bestimmte Artgenossen bei der Aufzucht der Jungen. Die neue Forschung zeigt: Freundschaftliches Verhalten ist nicht nur dem Menschen vorbehalten – auch in der Vogelwelt spielt gezielte Kooperation eine wichtige Rolle.
Langzeitbeobachtung in Kenia: Mehr als 1.100 Vögel untersucht
Das internationale Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dustin Rubenstein von der Columbia University untersuchte über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten rund 1.175 Glanzstare in insgesamt 410 Nestern im kenianischen Laikipia-Plateau. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Ziel der Studie war es zu verstehen, wie soziale Bindungen in Vogelgemeinschaften entstehen – und warum Vögel anderen helfen, selbst wenn sie keine Familienbande teilen.
Leben in karger Umgebung macht Teamarbeit nötig
Glanzstare leben in sehr trockenen und nährstoffarmen Gegenden. Allein zu brüten, ist dort kaum möglich. Laut Prof. Rubenstein sind zwei Elterntiere oft nicht genug, um die Jungvögel erfolgreich großzuziehen. Zusätzliche Hilfe ist nötig.
Neu zugezogene Vögel in einer Brutgruppe helfen oft anderen beim Füttern und Beschützen der Jungvögel. Wenn sie später selbst Nachwuchs bekommen, erhalten sie im Gegenzug Unterstützung.
„Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, erklärt Rubenstein. „Aber es geschieht nicht zufällig – sondern sehr gezielt.“
Hilfe unter Freunden: Nicht-Verwandte unterstützen sich
Ein besonders spannender Aspekt der Studie ist, dass sich diese Hilfe nicht nur auf Familienmitglieder beschränkt. Die Analyse der Nester zeigt: Selbst wenn enge Verwandte in derselben Brutgruppe leben, helfen sich Vögel manchmal lieber mit bestimmten Nicht-Verwandten.
Das deutet auf eine Form sozialer Bindung hin, die über genetische Verwandtschaft hinausgeht. Rubenstein beschreibt dieses Verhalten als „Freundschaften“.
„Diese Vögel erinnern sich, wer ihnen geholfen hat – und sie helfen diesen Tieren später ebenfalls“, so der Forscher.
Verhalten mit System: Altruismus bei Vögeln
Dr. Julia Schroeder, Verhaltensökologin am Imperial College London, bewertet die Studie als bedeutend für die Verhaltensforschung. Sie betont, dass diese Form gezielter Hilfe unter Nicht-Verwandten auf eine hohe soziale Intelligenz hinweist.
„Vögel erkennen einzelne Artgenossen wieder und wählen strategisch aus, wem sie helfen“, erklärt Schroeder.
Solch strategisches Verhalten steht im Gegensatz zur Annahme, dass Tiere nur aus Instinkt handeln. Es zeigt, wie komplex soziale Strukturen auch in der Tierwelt sein können.
Noch viele offene Fragen
Trotz der eindeutigen Ergebnisse bleiben wichtige Fragen unbeantwortet: Warum helfen Glanzstare überhaupt, wenn sie nicht zur Gegenleistung gezwungen werden? Und warum verzichten sie nicht einfach darauf, selbst Hilfe zu bekommen?
Das Forschungsteam plant weitere Studien, um diesen Fragen nachzugehen. Dabei soll erforscht werden, wie tiefgreifend und ausgeprägt die sozialen Fähigkeiten bei Vögeln wirklich sind.
Bedeutung für die Forschung zum Sozialverhalten
Die Erkenntnisse dieser Langzeitstudie könnten weitreichende Auswirkungen haben – nicht nur für die Ornithologie, sondern auch für das allgemeine Verständnis von Kooperation und Altruismus im Tierreich.
Die Forschung zeigt: Soziales Verhalten ist kein reines Produkt der menschlichen Zivilisation. Auch Tiere bauen gezielte, stabile Beziehungen auf – teils über viele Jahre hinweg.