Die erste großangelegte Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) zeigt überraschende Ergebnisse. 122 Teilnehmer erhielten über drei Jahre hinweg monatlich 1.200 Euro zusätzlich zu ihren regulären Einkünften. Die Studie, begleitet von Experten der Wirtschaft, kam zu dem Schluss, dass das Grundeinkommen niemanden dauerhaft von der Arbeit abhielt. Stattdessen nutzten viele die finanzielle Sicherheit für Weiterbildung und persönliche Entwicklung.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Wie die Studie durchgeführt wurde
Die Studie wurde vom Verein “Mein Grundeinkommen” initiiert und begleitend vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Insgesamt nahmen 122 Teilnehmer teil, die zwischen 21 und 40 Jahre alt waren und ein Nettoverdienst von 1.100 bis 2.600 Euro hatten. Sie erhielten monatlich 1.200 Euro zusätzlich zu ihren regulären Einkünften, ohne Steuerabzüge. Die Untersuchung fand über drei Jahre statt und beinhaltete regelmäßige Umfragen und Interviews.
BGE fördert Weiterbildung statt Jobaufgabe
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass niemand dauerhaft aufgehört hat zu arbeiten. Stattdessen gaben viele Teilnehmer an, dass sie das Grundeinkommen für die persönliche Weiterentwicklung genutzt haben. Einige entschieden sich für berufliche Umorientierungen oder nahmen Weiterbildungsangebote wahr, um eine Tätigkeit zu finden, die besser zu ihren Lebenszielen passte.
Erfahrungen von Teilnehmern: Das Beispiel Bianca Radlbeck
Bianca Radlbeck, eine Teilnehmerin aus Regensburg, beschreibt ihre positiven Erfahrungen mit dem Grundeinkommen. Als Schlosserin und angehende Studentin in München nahm sie am Experiment teil. Dank des Grundeinkommens konnte sie sich ohne finanziellen Druck ein passendes WG-Zimmer leisten und musste nicht nebenbei arbeiten. Nach drei Semestern stellte sie jedoch fest, dass das Studium und die Großstadt nicht ihren Vorstellungen entsprachen. Sie zog zurück nach Regensburg, ohne sich in einen schnellen Job stürzen zu müssen. “Das Grundeinkommen hat mir den nötigen Freiraum verschafft”, sagt Radlbeck.
Grundeinkommen und Gesundheit: Weniger Stress, besserer Schlaf
Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie betrifft die Gesundheit der Teilnehmer. Janine Busch, Projektleiterin bei “Mein Grundeinkommen”, erklärt, dass die finanzielle Sicherheit der Teilnehmer zu einer besseren Lebensqualität geführt habe. So berichteten viele, dass sie weniger gestresst waren und besser schliefen. Diese positiven Effekte wurden regelmäßig durch Haarproben überprüft.
Jobwechsel und finanzielle Unabhängigkeit
Neben Weiterbildung und Gesundheit war auch der Jobwechsel ein häufiges Thema unter den Teilnehmern. Viele nutzten das Grundeinkommen, um berufliche Veränderungen in Ruhe vorzubereiten. Das zusätzliche Geld wurde oft nicht für die Überbrückung von Notlagen verwendet, sondern für persönliche Projekte, wie Reisen, Weiterbildung oder auch für größere Einsparungen und Spenden.
Offene Fragen: Finanzierung und Realitätsbezug
Trotz der positiven Ergebnisse wirft die Studie eine wichtige Frage auf: Wie könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert werden? Die Untersuchung selbst befasste sich nicht mit diesem Thema, und auch der Verein “Mein Grundeinkommen” wollte sich ausschließlich auf die Auswirkungen des BGE konzentrieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass das Grundeinkommen in dieser Studie zusätzlich zum regulären Gehalt gezahlt wurde und steuerfrei war. In einer realistischen Umsetzung müsste das Grundeinkommen jedoch durch Steuererhöhungen finanziert werden. Es bleibt daher unklar, ob Menschen auch unter diesen Bedingungen weiterhin in gleichem Umfang arbeiten würden.
Die Ergebnisse der Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen zeigen, dass die finanzielle Sicherheit nicht zwangsläufig zu einer Aufgabe des Berufs führt. Vielmehr können Menschen das Geld nutzen, um sich beruflich neu zu orientieren oder sich weiterzubilden. Auch die gesundheitlichen Vorteile sind bemerkenswert. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich das Konzept des Grundeinkommens unter realistischen finanziellen Bedingungen entwickeln würde.